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ÖGAM-Positionen Zukunft Allgemeinmedizin

1. Grundpfeiler der Gesundheitsversorgung muss ein öffentliches, soziales und solidarisches Gesundheitssystem bleiben, das einkommensunabhängig für jede Mitbürgerin und jeden Mitbürger gleichen und gerechten Zugang zur jeweils optimalen Versorgung gewährleistet.

2. Dies kann unter anderem durch eine durchdachte, gestufte Versorgung erzielt werden, die sicherstellt, dass rasch, zuverlässig und ressourcenschonend der „best point of service“, also die im konkreten Fall sinnvollste Versorgungsebene, erreicht werden kann.  Die ÖGAM empfiehlt daher freiwillige Einschreibe- oder Listensysteme die den Zutritt ins Gesundheitssystem erleichtern und sichere, strukturierte Begleitung ermöglichen.

3. Die Verbesserung von Zugänglichkeit und Erreichbarkeit der Primärversorgung unter Erhalt der Kontinuität als Qualitätsindikator verlangt nach einer Vielfalt von Organisationsformen im allgemeinmedizinischen, niedergelassenen Bereich als Antwort auf die außerordentliche Heterogenität der regionalen Anforderungen. (Einzelpraxen, Gruppenpraxen, Vernetzungen, Jobsharingpraxen, Zentren etc).  Gerechtigkeit hinsichtlich Wertung und Ausstattung der unterschiedlichen Versorgungsformen sehen wir als Voraussetzung.

4. Goldstandard in der modernen allgemeinmedizinischen Versorgung ist die multiprofessionelle Zusammenarbeit mit ärztlichen und nichtärztlichen Gesundheitsberufen in gegenseitigem Respekt, und mit klar geregelten Strukturen und definierten Verantwortungsbereichen.

5. Die selbstständige, eigenverantwortliche Tätigkeit niedergelassener Ärztinnen und Ärzte innerhalb des solidarischen öffentlichen System hat sich als förderlich für Effizienz und Effektivität erwiesen, bei gleichzeitiger Sicherstellung sozialer Ausgewogenheit.

6. Um die dadurch erreichte flächendeckende Versorgungsqualität zu erhalten, ist es erforderlich, die Anzahl tätiger Allgemeinärztinnen und Allgemeinärzte gesetzlich im Verhältnis der zu versorgenden Bevölkerung festzuschreiben, so wie dies durch die derzeitige beschränkte Vergabe von Kassenverträgen geschieht. Hierdurch wird zum einen eine Überversorgung durch angebotsinduzierte Nachfrage („doctorshopping“) minimiert und zum anderen gewährleistet, dass auch in weniger attraktiven Regionen die ärztliche Versorgung sichergestellt bleibt. Zudem wird hierdurch Investitionssicherheit für junge Kollegen geschaffen, die eine Voraussetzung für die Übernahme einer Kassenpraxis ist.

7. Gute Ausbildung einer ausreichenden Zahl von Allgemeinärzten ist eine Voraussetzung für gute Primärversorgung. Dies betrifft selbstverständlich die universitäre Ausbildung, im gleichen Ausmaß aber auch die spezielle Ausbildung in Allgemeinmedizin, für die die hausärztliche Lehrpraxis unabdingbar und bestimmend ist.  Die Finanzierung der Ausbildung ist im öffentlichen Interesse und daher Aufgabe der öffentlichen Hand.

8. Ausbildung und Arbeitsbedingungen für Allgemeinärzte müssen so gestaltet werden, dass die Abwanderung junger Kollegen ins Ausland gestoppt wird, dass eine ausreichend große Zahl geeigneter Ärztinnen und Ärzte sich wieder für das Fachgebiet Allgemeinmedizin entscheidet, und dass diese versorgungswirksam tätig werden und bleiben.

9. Auf diese Weise soll eine Situation verhindert werden, die dazu zwingen würde, die Qualitätskriterien hinunterzuschrauben, weil einfach nicht genügend gut ausgebildetes Personal zur Verfügung steht, um den Bedarf zu decken.

10. Aufgrund der speziellen Beschaffenheit des Fachgebiets und der erforderlichen spezifischen Qualifikationen muss die Zuerkennung des international üblichen Facharztstatus für Allgemeinärztinnen und Ärzte erfolgen.