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An das Ministerium

Derzeit sind meine Kollegen und ich in großer Sorge. Wir befürchten eine deutliche Verschlechterung der medizinischen Versorgung in unserer Region, da das lokale Krankenhaus zu Gunsten eines Leitkrankenhauses geschlossen werden soll und stattdessen eine Primärversorgungseinheit entstehen soll.
Ich betreibe eine Landarztpraxis in Ramsau am Dachstein. In meinem Sprengel, Schladming – Haus – Ramsau am Dachstein, sind vier weitere Kollegen 365 Tage im Jahr für die Gesundheit unserer Bevölkerung und der Gäste im Einsatz. Ein Teil der Kollegenschaft beschickt das lokale Notarztsystem. Wir alle sind mit den verschiedenen Fachdisziplinen und mit dem Krankenhaus im Styriamed.net vernetzt und können so unseren Patienten einen raschen und optimalen Zugang zu den Fachärzten ermöglichen. Im Sprengel gibt es nicht nur einen diensthabenden Kollegen, sondern jeden Tag auch zwei geöffnete Ordinationen, an den Nachmittagen bzw. Abenden. Natürlich versehen wir alle Wochenenddienste. Wir sind ein Beispiel für ein dezentrales Primärversorgungsnetzwerk.
In unseren Ordinationen arbeiten sowohl Krankenschwestern, Physikotherapeuten als auch Psychotherapeuten. Wir schätzen jedoch auch sehr, die Möglichkeit der Überweisung von Patienten an die verschiedenen lokalen freiberuflichen Physikotherapeuten, Psychotherapeuten, Logopäden und anderen Menschen, die im Dienste unserer Gesundheit stehen. Zu unserem Krankenhaus haben wir eine gute Beziehung, die Kollegen nehmen auch an unseren regelmäßigen Qualitätszirkeln teil.
Zusammen mit einem weiteren Kollegen, habe ich über fünf Jahre sowohl in einer Primärversorgungseinheit in Aberdeen, Schottland, als auch in anderen Einheiten in Großbritannien gearbeitet. Natürlich wurde in diesen Einheiten Qualitätsmedizin betrieben, jedoch kam es keinesfalls zu einer verstärkten Patientenorientierung, da es bei den stattfindenden Patientenkontakten unmöglich war, eine Bindung zum Patienten aufzubauen. Jeder chronisch kranke Patient, der die Notwendigkeit hat, in eine Spitalsambulanz gehen zu müssen, kennt dieses Phänomen – es ist jedes Mal jemand anderer da, der sich erst mühsam in die Krankengeschichte des Patienten vertiefen muss. Es ist etwas ganz und gar Persönliches zum Arzt seiner Wahl zu gehen und sich mit seinen Problemen vertrauensvoll an ihn zu wenden. Diese besondere Arzt-Patienten-Beziehung lässt sich schwer messen, ist aber der Grund, warum man auch von der Heilkunst spricht. Es geht dabei vor allem auch um Vertrauen.
Sie schreiben, dass es in Ihren neuen Konzepten mehr Möglichkeiten geben soll, ein umfassendes Versorgungsangebot anzubieten. Ich bin Facharzt für Innere Medizin, als Allgemeinmediziner niedergelassen und mir ist es nicht einmal möglich, Ultraschalluntersuchungen mit den Kassen abzurechnen – wir brauchen diesen technischen Fortschritt! Auch das Bestimmen von Laborparametern ist in einer Landarztpraxis notwendig und sollte nicht weiter reglementiert werden, wie es derzeit passiert.
Nachdem man in Aberdeen am Wochenende nur mehr die PHC zur Versorgung hatte, konnten diese die Aufgaben (Telefondienst, Betreuung im PHC und Hausbesuche) nicht mehr bewältigen, und man führte ein sogenanntes „Walk in Centre“ ein. In diesen arbeitete statt eines Arztes eine besonders ausgebildete Krankenschwester. Unglücklicherweise gab es sehr viele unerkannte ernste Krankheiten, sodass diese Versorgungsform, die eigentlich für weniger schwere medizinische Fälle gedacht war, wieder verlassen wurde. Man gab die Betreuung von Kranken wieder in die Hände der lokalen Hausärzte, die sich selbst zusammengefunden hatten, und schloss das PHC.
Geben Sie uns Ärzten die Möglichkeit, selbst neue Modelle zu entwickeln und unterstützen Sie uns dabei, den Beruf des selbstständigen, niedergelassenen Arztes für Allgemeinmedizin auch für die nächsten Generationen als erstrebenswert zu finden.